Egon Schiele, Maler und Graphiker, geb. am 12. 6. 1890 in Tulln (Niederösterreich), gest. am 31. 10. 1918 in Wien. […] Nach dem Tod des Vaters übernahm Schieles Onkel, der Eisenbahnbeamte Czihaczek, die Vormundschaft. Gegen dessen Willen studierte Schiele von 1906 bis 1909 an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Gripenkerl, mit dem es jedoch zu Unstimmigkeiten kam. In diesem Zeitraum erfolgte in seinen Werken der Durchbruch von den mehr traditionellen Strömungen der österreichischen Malerei zum Neuen, das Schiele zunächst vor allem in Klimt verkörpert sah. 1908 beteiligte sich Schiele erstmals an einer Ausstellung, die im Stift Klosterneuburg stattfand. Schiele, der gemeinsam mit verschiedenen Künstlern […] 1909 die Neukunstgruppe gründete, zeigte nun den Willen zur Überwindung des Jugendstils – er wandte sich ab diesem Zeitpunkt mehr dem Expressionismus zu. […] In diesen Jahren (1909–1911) schrieb Schiele auch eine Reihe von Gedichten in expressionistischem Sinn und begann mit einer Serie von Selbstbildnissen als Akt […]. Nach kurzer Tätigkeit bei den Wiener Werkstätten, die ihn mit deren Leiter Josef Hoffmann in Verbindung brachte, übersiedelte Schiele 1911 mit seinem Modell Wally Neuzil (1894–1917) […] nach Krumau […]. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Münchner Künstlervereinigung Sema, in deren Rahmen 1912 auch seine erste Druckgraphik erschien. Wegen seiner Vorliebe, sehr junge Mädchen als Akte darzustellen, wurde er nach einigen Monaten gezwungen, Krumau zu verlassen und ging nach Neulengbach (Niederösterreich). […] Ab 1914 beschäftigte sich Schiele auch mit Radierung und Holzschnitt […] und begann mit der Photographie zu experimentieren. In diese Zeit fällt seine fruchtbarste Schaffensperiode, die besonders durch Bleistiftzeichnungen, die entweder einfärbig belassen oder nachträglich mit Wasserfarbe koloriert wurden, repräsentiert wird. Gegen Ende dieser Periode vermischen sich die mittlerweile in der Malerei gewonnenen Erkenntnisse mit den graphischen Fähigkeiten – die Arbeiten der Folgezeit enthalten daher gleichermaßen Graphisches und Malerisches. […] Einen großen künstlerischen und materiellen Erfolg erlebte Schiele bei der 49. Ausstellung der Wiener Secession, 1918. […] In seinen Werken, die vielfach zu seinen Lebzeiten verkannt wurden, so z. B. wurden seine Frauendarstellungen oftmals als Pornographie angesehen, versuchte er, sein Anliegen, nämlich die wahre Darstellung des Menschen in all seinen Facetten – somit die seelischen Untergründe – zu verwirklichen. Ausgezeichnet ist sein Œuvre durch zeichnerische Qualität sowie Prägnanz und Kraft des Ausdrucks. Schieles Kunst, anfangs verpönt, gegen Ende des Ersten Weltkriegs angesehen, in der Zwischenkriegszeit vergessen, fand letztlich weltweit Anklang. […]