Franziska Seidl, Physikerin, geb. am 1. 7. 1892 in Wien, gest. am 14. 6. 1983 ebenda. Seidl wurde als Tochter von Marie und dem Geschäftsinhaber Franz Vicari geboren. Sie besuchte fünf Klassen der Volksschule und drei Klassen der Bürgerschule mit Ergänzungskursen, ehe sie 1911 den Gymnasiallehrer Wenzel Seidl heiratete, der im Ersten Weltkrieg 1916 in der Schlacht am Isonzo fiel. Seidl kehrte nach Wien zurück, war aber nun als Folge des Zerfalls der Österreichisch-Ungarischen Monarchie tschechische Staatsbürgerin. 1918 legte sie die Externistenmatura am k. k. Franz-Josef-Realgymnasium ab und inskribierte an der Universität, wo sie 1918 bis 1922 Physik, Mathematik und Chemie studierte. 1923 legte sie ihre Dissertation Über eine Messung kurzer Zeiten mit dem Helmholtz-Pendel vor.
Bereits in ihrer Studienzeit war Seidl am Ersten Physikalischen Institut angestellt, ab 1923 zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft, später als planmäßige Assistentin und Vorlesungsassistentin, weiters betreute sie Dissertationen. 1932 suchte Seidl um Habilitation an, der mit Einschränkung auf Experimentalphysik zugestimmt wurde. 1934 erhielt sie die Zulassung als Privatdozentin und ab dem Wintersemester 1933/1934 hielt sie regelmäßig Vorlesungen. Ab 1942 übernahm Seidl die Vorlesung "Physik für Mediziner" mit Übungen, die sie bis Kriegsende abhielt. Nach der Entlassung des Vorstandes des Ersten Physikalischen Instituts übernahm Seidl von 1945 bis 1947 die interimistische Leitung. Für einige Semester hielt sie in diesem Zeitraum die Hauptvorlesung für Physik.
Seidls Forschungsvorhaben befaßten sich unter anderem mit dem Gebiet des Ultraschalls, Röntgenstrukturuntersuchungen und Dielektrika, hauptsächlich widmete sie sich jedoch nach 1945 der Ausbildung der Lehramtskandidaten. Sie leitete das Schulversuchspraktikum und führte spezielle Lehrveranstaltungen für Lehramtskandidaten ein. 1946 wurde sie Präsidentin des Vereins zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts und Prüferin für das Lehramt an Schulen. 1958 wurde Franziska Seidl zur außerordentlichen Professorin bestellt und erhielt im Jahre ihrer Emeritierung 1963 den Titel ordentliche Professorin. Seidl war noch bis 1967 in der Lehreraus- und -fortbildung und als Präsidentin des Vereins zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts aktiv. Ein Höhepunkt ihrer Tätigkeit war dabei die Organisation der internationalen Fortbildungswoche im Rahmen der OECD 1960. 1968 wurde sie mit dem Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.