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Jan Rys (eigentlich: Marcel Nerlich), Hörspielautor, Lyriker, Maler und Übersetzer, geb. am 22. 7. 1931 in Mährisch-Ostrau, gest. am 22. 11. 1986 in Unterrabnitz (Burgenland). Rys wanderte als Siebzehnjähriger illegal nach Wien aus und zog von dort 1949 in die Bundesrepublik Deutschland. Dort machte er Bekanntschaft mit Kurt Miethke, dem Förderer junger Autoren jener Zeit, und dem damaligen Doyen des Hörspiels Heinz Schwitzke. Sein Hörspiel Grenzgänger, das in über dreißig Sprachen übersetzt wurde, verhalf Rys 1960 nach einigen weniger beachteten Publikationen Pfade im Dickicht (1955) zum endgültigen Durchbruch und internationaler Anerkennung. Hauptthemen der meisten seiner Werke sind Heimatlosigkeit, existentielle Verlorenheit und Sehnsucht nach der Rückkehr zum Ursprungsort. Geprägt wurde der Autor grundlegend durch seine eigenen Fluchterfahrungen, den französischen Existentialismus und von Dramatikern wie Beckett oder Ionesco.
Die über 50 Hörspiele verstand Rys als "Partisanenliteratur" und sah sie als Feld für experimentelles Arbeiten mit der Mehrdeutigkeit der Sprache an. Einige von ihnen verarbeitete er zu Theaterstücken und Fernsehspielen. Seine Dramen wurden nicht nur in Wien, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum aufgeführt. Ab den 1960er Jahren begann er zusätzlich Gedichte und Aphorismen zu verfassen (Die Maghrebinischen Sprüche), die jedoch ungedruckt blieben. 1970 ließ Rys sich im Burgenland nieder, wo er ein Jahr später in der alten Mühle an der Rabnitz, in der Gemeinde Unterrabnitz, zusammen mit anderen Schriftstellern und dem ORF unter Federführung von Günter Unger ein Hörspielzentrum gründete ("Internationales Hörspielzentrum", nach Rys' Tod in Rust).
Rys wurde der erste Präsident des burgenländischen P.E.N.-Clubs. Er erhielt den Kulturpreis für Literatur des Burgenlandes (1983), nachdem er vorher bereits den Förderungspreis des Ostdeutschen Literaturpreises sowie den des Wiener Kunstfonds gewonnen hatte.

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (September 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

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