Eduard van der Nüll, Architekt, geb. am 9. 1. 1812 in Wien, gest. am 4. 4. 1868 ebenda. Van der Nüll unterrichtete als Professor an der Akademie für bildende Künste. Zusammen mit August Sicard von Sicardsburg errichtete er wichtige Bauten der Ringstraßen-Zeit, wie die Oper, das Arsenal und das Sophienbad. Als Lehrer und als Baukünstler errangen van der Nüll und Sicardsburg die unbestritten führende Stellung unter den österreichischen Architekten der Spätromantik. Die Annahme, daß van der Nüll im gemeinsamen Atelier die Entwurfsaufgaben übernahm, während Sicardsburg den technisch-praktischen Teil besorgte, trifft so ausschließlich nicht zu, wenngleich das besondere ornamentale und dekorative Talent van der Nülls außer Frage steht.
Bedingt durch die Zeitumstände konnten van der Nüll und Sicardsburg verhältnismäßig wenig bauen, entwickelten aber wiederholt monumentale Projekte. Sie vertraten eine international aufgeschlossene, freie, auch und gerade für das 20. Jahrhundert attraktive Auffassung des Gesamtkunstwerks ohne Bindung an Stilnormen und -begriffe, konnten sich zuletzt aber nicht gegen die von Friedrich von Schmidt und Theophil von Hansen vertretene Spezialisierung durchsetzen. Der Auftrag für das Wiener Opernhaus (1861–1869), der sie für frühere Zurücksetzungen entschädigen sollte, wurde zwar zum Hauptwerk von Weltgeltung, führte aber zu Anfeindungen und Schwierigkeiten, die van der Nüll letztlich vor der Vollendung des Baus in den Freitod trieben.