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Joseph Kalmer (vorher: Josef Kalmer; eigentl.: Josef Kalmus), Redakteur, Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer, geb. am 17. 8. 1898 in Nehrybce (Nehrybka; Galizien, heute Polen), gest. am 9. 7. 1959 in Wien. Von einer höheren Schule in Czernowitz wechselte er 1915 in das "k. k. Sophien-Gymnasium" in Wien über. Nach dem freiwilligen Kriegsdienst griff Kalmer in das literarische und verlegerische Leben in Wien ein: Zwischen 1919 und 1928 erschienen Gedichte, Aufsätze und Übersetzungen von ihm u. a. in "Aufschwung", "Neue Erde", "Menorah", "Renaissance", "Die Wage" und "Das Zelt". Ab 1920 betreute er die Reihe "Phalanx. Bibliothek für die Internationale des Geistes" im Verlag der Wiener Graphischen Werkstätte und war für die beiden letzten Ausgaben von "Ver" (Heft 34-35, davor "Ver!") wie auch von 1921 bis 1925 für Lajos Kassáks ungarische Avantgarde-Zeitschrift "Ma" (in deren Wiener Exiljahren) verantwortlicher Redakteur. Besonderes Lob zollte das deutschsprachige Feuilleton der von Kalmer übersetzten und 1927 herausgegebenen Anthologie "Europäische Lyrik der Gegenwart 1900–1925". Im gleichen Jahr erschien, ebenfalls in Wien, Kalmers einzige Gedichtsammlung Flug durch die Landschaft. Bis 1938 war er vorwiegend als Journalist und Übersetzer tätig, arbeitete jedoch bereits auch als Literaturagent. Sein mit Ludwig Huyn verfasstes Sachbuch Abessinien. Afrikas Unruhe-Herd (1935) wurde in mehrere Sprachen übersetzt.
Im August 1938 flüchtete Kalmer in die Tschechoslowakei, wo zusammen mit dem Philosophen Paul Roubiczek das Jan-Hus-Buch Warrior of God (1947) entstand. Während des Krieges, seit 1939 in England, arbeitete er in der Presseagentur des Ministry of Information ("European Correspondents", bis 1951) und bei diversen Exilzeitschriften wie der "Zeitung" und dem "Zeitspiegel" mit.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit gründete Kalmer in London eine (später von seiner Ehefrau Erica Kalmer fortgeführte) Literaturagentur und vertrieb Texte u. a. von Günther Anders, Hans Flesch-Brunningen, Erich Fried, Marlen Haushofer, Joe Lederer, Hilde Spiel und Hannelore Valencak. Zunehmend setzte er sich für die Verbreitung asiatischer Literaturen im deutsch- und teilweise englischsprachigen Raum ein. Zudem war er ab 1945 Londoner Korrespondent des "Plan", mit dessen Herausgeber Otto Basil er bereits seit den 1920er-Jahren in Kontakt stand.

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (September 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

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