Ernst Kaiser, Schriftsteller und Übersetzer, geb. am 3. 10. 1911 in Wien, gest. am 1. 1. 1972 in Reading (England). Kaiser studierte, nachdem er seinen Wehrdienst geleistet hatte, Germanistik in Wien. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 floh er über die Tschechoslowakische Republik nach London, wo er Eithne Wilkins, eine neuseeländische Germanistin, Übersetzerin und Lyrikerin heiratete. Kaiser meldete sich freiwillig zum Armeedienst und war in Frankreich, Belgien, Holland und schließlich in Deutschland stationiert. Ab 1945/46 war er für die Militärregierung in Hamburg als Dolmetscher tätig.
1946 veröffentlichte er sein erstes Buch, die Novelle Schattenmann. Einen Namen machte sich Kaiser aber vor allem als Übersetzer und als Literaturwissenschaftler. Gemeinsam mit seiner Frau etablierte sich Kaiser als bedeutender Musil-Forscher. Neun Jahre lang, von 1954 bis 1966 lebte das Ehepaar in Rom und wertete Musils Nachlass aus. Kaiser übersetzte die Werke Musils ins Englische und trug wesentlich zu dessen internationalem Bekanntwerden bei. Zu den Übersetzungsarbeiten Kaiser zählen u.a. Romane, Erzählungen und Gedichte von Goethe, Kafka, Benn und Feuchtwanger.
Versuche, seinen Roman Die Geschichte eines Mordes zu veröffentlichten, scheiterten. Zu Lebzeiten blieb Kaiser als Schriftsteller unbekannt. Seine Manuskripte waren nach seinem Tod 1972 lange Zeit verschollen. 1986 machte Ingrid Bacher das Schicksal Kaisers und seiner Manuskripte zum Gegenstand ihres Romans Der Tarotspieler. 2004 wurden Durchschläge des Manuskripts im Literaturarchiv Marbach wieder aufgefunden, sodass 2009 eine überarbeitete Fassung des Romans veröffentlicht werden konnte. Noch zu Lebzeiten Kaisers hatte kein geringerer als Hermann Broch sich 1947 in einem Gutachten für die New Yorker Bollingen Foundation für seinen Kollegen eingesetzt
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