Wilhelm von Hartel, Philologe und Politiker, geb. am 28. 5. 1839 in Hof (Mähren), gest. am 14. 1. 1907 in Wien. [...] Hartel studierte 1859 bis 1863 an der Universität Wien klassische Philologie, absolvierte 1863 die Lehramtsprüfung für Mittelschulen aus Latein und Griechisch und promovierte 1864. 1866 wurde er Privat-Dozent für klassische Philologie, 1869 ordentlicher Professor, 1873 ordentlicher Professor der klassischen Philologie an der Universität Wien, 1874/1875 Dekan und 1890/1891 Rektor. Seit 1891 war er zugleich Direktor der Hofbibliothek, 1896 bis 1900 Sektionschef im Ministerium für Kultus und Unterricht und 1900 bis 1907 Vizepräsident der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Hartel leistete sowohl als Forscher in seiner Wissenschaft wie als Organisator der wissenschaftlichen Arbeit in Österreich Hervorragendes. Seine gräzistischen Arbeiten galten namentlich Homer, Demosthenes und dem attischen Staatsrecht, seine latinistschen Arbeiten, dem von der Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Corpus der lateinischen Kirchenväter, in dem er mehrere Bände, darunter die richtunggebende Ausgabe des Cyprianus, besorgte. Als Vizepräsident der Akademie bahnte er die internationale Zusammenarbeit der Akademien an, die einerseits zu einem Kartell der Wiener mit den deutschen Akademien, aus dem die Herausgeber des "Thesaurus linguae Latinae" hervorging, andererseits zur Schaffung der internationalen Organisation der Akademie führte. [...] Seit 1877 war er Mitherausgeber der "Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien", Mitbegründer (1874) der "Wiener Studien", "Zeitschrift für klassische Philologie" (1879) und der "Dissertationes philologae Vindobonenses" (1887). Als Minister erwarb er sich durch die Gründung der "Modernen Galerie" und mit der Erbauung neuer Kliniken dauernde Verdienste.