Anna Maria Achenrainer, Lyrikerin und Erzählerin, geb. am 5. 7. 1909 in Pfunds (Tirol), gest. am 14. 1. 1972 in Innsbruck. Achenrainer verbrachte mehrere Jahre ihrer Kindheit im Waisenhaus, nachdem ihr Vater, ein Huf- und Wagenschmied in Pfunds im Oberinntal, im Ersten Weltkrieg gefallen war. 1926 besuchte sie die Lehrerinnenbildungsanstalt in Innsbruck, wo Bruder Willram ihr erster Förderer war. 1929 trat sie in den Postdienst ein und begann erste Erzählungen und Gedichte zu veröffentlichen, u. a. im "Tiroler Volksboten", für den sie die Frauenseite redigierte. Als Lyrikerin zählte Achenrainer zur repräsentativen Kulturöffentlichkeit im Tirol der Nachkriegszeit. Sie war Gründungsmitglied des Innsbrucker Turmbunds, sowie Mitarbeiterin der ersten Österreichischen Jugendkulturwochen und stand mit zahlreichen Autoren der 1950er und 1960er Jahre in Kontakt. Sie erhielt 1950 den Anerkennungspreis bei der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Literatur. Von 1969 bis 1972 war sie Mitherausgeberin von "Wort im Gebirge". Ihre Lyrik kann der naturmagischen Schule in der Nachfolge Wilhelm Lehmanns zugeordnet werden. 1958 machte sie beim Dichterinnentreffen in Meersburg am Bodensee die Bekanntschaft mit der Schweizer Dichterin Erika Burkart. Ähnlich wie diese vermittelt Achenrainer in ihren Gedichten ein Naturgefühl, in dem sich Vorstellungen einer mythischen Vorzeit mit der Spiegelung des eigenen Seelenraums verbinden. Viele ihrer Gedichte leben von Natur- und Landschaftsbildern, die Fortschrittspessimismus mit einem romantisierenden Blick auf die bäuerliche Welt kontrastieren. Der durch Technik und Fortschritt bedingte Verlust unmittelbaren Naturempfindens evoziert die melancholische Sehnsucht nach einer heilen unversehrten Welt - einer Welt, die der Innenlandschaft des lyrischen Ichs Ausdruck zu geben vermag. Mit ihrer Lyrik stand Anna Maria Achenrainer am Endpunkt einer lyrischen Tradition, von der sich die sprachkritische und experimentelle Lyrik der 1960er Jahre mehr und mehr abhob.