Otto Wagner, Architekt und Kunsttheoretiker geb. am 13. 7. 1841 in Wien-Penzing, gest. am 11. 4. 1918 in Wien. Wagner studierte in Berlin und Wien und trat danach in den Kreis Ludwig Försters und Theophil Hansens (für den er das Palais Epstein an der Wiener Ringstraße ausführte). Ab 1894 war er Professor an der Wiener Akademie. Bereits ab 1864 wurde er selbstständig tätig, stand aber seinen Frühwerken später teilweise kritisch gegenüber. Wagner war die überragende Architektenpersönlichkeit Wiens im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert und verkörperte die fruchtbare Verbindung von Historismus und Moderne. In fast allen Bereichen der Baukunst wirkte er durch wichtige Leistungen richtungsweisend. Bestimmend blieb stets eine am Gesamtkunstwerk orientierte Grundeinstellung. Ausgehend von teils spätromantischen, teils strengen Ansätzen, z. B. der Villa Epstein in Baden (1867) und der Synagoge in Budapest (1873), entwickelte er monumentale Projekte bis hin zum Städtebau ("Artibus").
Bis in die 1890er Jahre bevorzugte er einen pathetischen bis üppig renaissancehaften Ringstraßen-Stil, z. B. das Haus Schottenring 23 (1878), die Villa Hahn in Baden (1885), die "große" Villa Wagner in Wien-Hütteldorf (1888) und beteiligte sich mehrfach an internationalen Wettbewerben. Dann wandte er sich von historistischen Idealen ab und der Erneuerung der Kunst zu, wobei er nicht die Struktur änderte, sondern die formale Gestaltung. Obwohl er den Übergang zur modernen Sachlichkeit und Funktionalität wesentlich förderte, blieb Wagner selbst der Überzeugung treu, der Architekt als Künstler müsse das Ingenieurschaffen zwar anerkennen und verwerten, aber unbedingt über die bloße Nutzgestaltung hinaus erheben. Mit seinen Werken bestimmte Wagner entscheidend sowohl die Architektur der "Secession" als auch die Grundlagen der von jüngeren Architekten konsequent realisierten Moderne, etwa das Schützenhaus der Staustufe Kaiserbad am Donaukanal (1904-1906). Die Wohnbauten, die so genannten Wienzeilen-Häuser (1898) und die "kleine" Villa Wagner (1913), dieser Phase erlangten Weltruf. Während zahlreiche berühmte Entwürfe unausgeführt blieben, u. a. die Akademie, das Stadtmuseum und das Kriegsministerium, verwirklichte Wagner wenigstens drei Hauptwerke: die Anlagen der Wiener Stadtbahn (1892-1901, besonders die Stationsgebäude, heute U4 und U6), die Kirche Am Steinhof (1902-1907) und das Postsparkassenamt (1904-1906).
Als Lehrer zog Wagner eine legendäre Schule, u. a. Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann, Josef Pleénik) heran, die seine Ideen oft auf höchstem ästhetischen Niveau weiterentwickelte, aber aufgrund wirtschaftlicher Umstände wenig umsetzen konnte.