Georg Stetter, Physiker, geb. am 23. 12. 1895 in Wien, gest. am 14. 7. 1988 ebenda. Stetter maturierte 1914 mit Auszeichnung und begann an der Technischen Hochschule Wien das Studium Maschinenbau und Elektrotechnik. Nach einem Semester meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst. Seinen Dienst begann er im Radiodetachement des "k. u. k. Telegraphenregiments" St. Pölten (Niederösterreich). Später übertrug man ihm die Leitung einer Feldradiostation. Durch die Arbeit in der Telegraphenstation wurde sein Interesse für elektromagnetische Wellen und Elektronenröhren geweckt. Nach dem Krieg studierte er Physik und Mathematik an der Wiener Universität. 1922 promovierte er in Physik und wurde Assistent am Zweiten Physikalischen Institut. Die enge Zusammenarbeit dieses Instituts mit dem Institut für Radiumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien brachte Stetter in Kontakt mit der Kernphysik. Sein Einsatz von Elektronenröhren zur quantitativen Messung von Teilchenenergien war eine Pioniertat, für die er 1926 den Haitingerpreis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erhielt. 1928 habilitierte er sich an der Universität Wien und wurde 1934 Ordinarius und Vorstand des Zweiten Physikalischen Instituts der Universität Wien. 1938 wurde Stetter zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle gewählt.
Von 1939 bis 1940 leistete er Kriegsdienst an der Westfront. 1939 meldete er beim Deutschen Reichspatentamt ein Patent zur Energiegewinnung mittels Kernspaltung an. In diesem Patent beschrieb er einen heterogenen, moderierten Reaktor, wie er später weltweit verwendet werden sollte. Das Patent wurde zur Geheimsache erklärt und sollte vom Staat übernommen werden. Erst 1958 konnte dieses Patent in Österreich wieder angemeldet werden. Es lief bis 14. Juni 1971 und wurde dann von der Österreichischen Studiengesellschaft für Atomenergie aufgekauft.
1943 wurde Stetter Direktor des Vierjahresplaninstituts für Neutronenforschung. Er leitete es in Personalunion mit dem Zweiten Physikalischen Institut. Zwischen 1944 und 1945 wurden die Institute kriegsbedingt nach Schwallenbach und Thumersbach bei Zell am See ausgelagert. In diese Zeit fielen erste Forschungen mit Höhenstrahlung. 1945 mußte er wegen seiner Zugehörigkeit zur NSDAP aus dem Universitätsdienst ausscheiden. Von 1946 bis 1948 arbeitete er in Zell am See teilweise ohne festes Einkommen für die Salzburger Landesregierung und die amerikanische Militärregierung an Staubschutzgeräten. 1949 begann er für den deutschen Steinkohlenbergbauverein ein optisches Staubmessgerät zu entwerfen, was zu dieser Zeit eine Pionierleistung darstellte. 1948 wurde seine Entlassung durch den Liquidator, 1950 durch den Verwaltungsgerichtshof aufgehoben.
1952 wurde er wieder an die Universität Wien als Vorstand des Ersten Physikalischen Instituts berufen. Er begann sich mit Aerosolforschung auseinanderzusetzen. Insbesondere die Messung des CO2-Gehalts der Atmosphäre war ihm ein Anliegen. Stetter wurde zum Leiter der Österreichischen Staub- (und Silikose) Bekämpfungsstelle berufen. Diese Funktion übte er von 1955 bis 1957 aus. Hier kam er in Kontakt mit Problemen der Gewerbehygiene und mit jenen der Luftverunreinigung. 1962 wurde Stetter wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Auf sein Betreiben wurde im selben Jahr die Kommission für Reinhaltung der Luft eingerichtet. Stetter war von 1962 bis 1985 Obmann dieser Kommission.
Stetter war Ehrenmitglied der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft und der Chemisch Physikalischen Gesellschaft. 1971 erhielt er die Ehrenmedaille der Stadt Wien und 1986 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse.