Johann Friedrich von Radinger, Techniker, geb. am 31. 7. 1842 in Wien, gest. am 20. 11. 1901 ebenda. Während seines Studiums an der Maschinenbauschule des Polytechnischen Instituts in Wien, das er 1863 beendete, praktizierte er in der Maschinenfabrik des Fürsten Salm in Blansko sowie der Maschinenfabrik Cail & Derosne in Paris und unternahm größere Studienreisen. 1863 bis 1866 war er Assistent bei A. Freiherr von Burg am Polytechnischen Institut. 1866/1867 wurde er für Rüstungsaufgaben in der Maschinenfabrik H. D. Schmid in Wien-Simmering eingesetzt; 1867 wurde er provisorischer, 1869 definitiver Adjunkt am Polytechnischen Institut, 1875 zum außerordentlichen und 1879 zum ordentlichen Professor des Maschinenbaus an der Technischen Hochschule in Wien. 1881 bis 1885 war er Dekan der Maschinenbauakademie, 1891/1892 deren Rektor.
Radingers Hauptarbeitsgebiet war die Dampfmaschine. Er ist Schöpfer der Radingerschen Methode der Schwungradberechnung, welche in der ganzen Welt Verbreitung fand. Er bezog die Dynamik in den Kreis der Betrachtung ein, verließ damit die Enge statischen Denkens, in der der Maschinenbau vorher befangen, und erschloß so den Weg zur Kraftmaschine kleinsten Raumbedarfs weil höchster Drehzahl. Damit schuf er die Voraussetzungen für die Konstruktion von Fahrzeugantrieben aller Art, aber auch für den Bau vieler anderer Maschinen und Geräte der modernen Technik. Radinger fungierte als offizieller Berichterstatter Österreichs für die Weltausstellung in Paris 1867, Wien 1873 und Philadelphia 1876 und war dauernd auch praktisch, u. a. als Gutachter, Planer, Konstrukteur für fast alle bedeutenderen industriellen Unternehmen in Österreich-Ungarn tätig. 1892 wurde er mit der Bauleitung der Hof- und Staatsdruckerei sowie mit der Planung und Generaleinrichtung der Neueinrichtung des Hauptmünzamtes in Wien betraut. Radinger veröffentlichte in verschiedenen Fachzeitschriften zahlreiche Aufsätze über Regulatoren, Transmissionen, Dampfkessel, Wasserturbinen sowie eine Broschüre über das Flugschiff von Kress. Radinger wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. war er ab 1900 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften, wurde 1892 nobilitiert und fungierte 1895 bis 1897 als Präsident der Oesterreichischen Ingenieurs- und Architekten-Vereinigung.