Foto von Robert Menasse

Robert Menasse, Schriftsteller, geb. am 21. 6. 1954 in Wien, studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaften in Wien, Salzburg und Messina. Lebt und arbeitet heute als freier Schriftsteller hauptsächlich in Wien.
Bereits als Achtzehnjähriger veröffentlichte Robert Menasse seine erste Erzählung Nägelbeißen (1973) in der Zeitschrift "Neue Wege". Nach der Promotion mit einer Arbeit zum Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb kehrte Menasse Österreich den Rücken und lehrte als Lektor und Gastdozent von 1981 bis 1988 am Institut für Literaturtheorie der Universität Sao Paulo. In Brasilien begann er auch sein literarisches Großprojekt der Trilogie der Entgeisterung, das die Romane Sinnliche Gewißheit (1988), Selige Zeiten, brüchige Welt (1991) und Schubumkehr (1995) sowie die Nachschrift Phänomenologie der Entgeisterung (1995) umfasst. Die sich zwischen Avantgarde und Realismus bewegende Erzählweise, deren Unterhaltsamkeit, witzig-ironische Gebrochenheit und quasi postmoderne Provenienz weitgehendes Kritikerlob evozierte, haben den Ruf Menasses als "poeta ductus" zementiert. In den Texten besticht nicht nur seine Fabulierkunst, sondern seine angewandte Technik der Zitat-Montage. Neben Menasses erzählerischem Werk sind es seine Essays und kulturtheoretischen Schriften, die ihn bekannt gemacht haben. Die sozialpartnerschaftliche Ästhetik (1990) ist eine politische Literaturgeschichte der Zweiten Republik, in der Menasse die nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte "Sozialpartnerschaft" Österreichs, also den Zusammenschluss von Regierung und Interessenverbänden zur gesellschaftlichen Konfliktvermeidung, in ihren 'literar-ästhetischen' Auswirkungen analysiert und aufs Korn nimmt. Insbesondere Das Land ohne Eigenschaften (1992), das die österreichische Identität als ein in sich logisches Gebilde von Widersprüchen und Absurditäten erscheinen lässt, brachte Menasse den Ruf eines "Nestbeschmutzers", zugleich aber auch den eines geistreichsten Essayisten. Auch wenn Menasses radikale Gedankenspiele zuweilen als intellektuelle Zumutungen abgeurteilt werden, führen sie nichtsdestotrotz radikal die Problematik des Ringens um die Interpretationshoheit überlieferter Begriffe und Allgemeinplätze vor. Künstlerische Entfaltung erfährt diese Haltung im Roman Die Vertreibung aus der Hölle (2001). Sein neuester Roman trägt den Titel Don Juan de la Mancha (2007), Ich kann jeder sagen (2009), Der Europäische Landbote (2012), Heimat ist die schönste Utopie. Reden (wir) über Europa (2014) und Was ist Literatur. Ein Miniatur-Bildungsroman (2015).
Menasse wurde mit einer Vielzahl von Preisen und Auszeichnungen geehrt, beispielsweise mit dem Staatsstipendium des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Literatur (1987 und 1991), dem Heimito-von-Doderer-Preis (1990), dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik (1998), dem Hölderlin-Literaturpreis der Stadt Bad Homburg (2002), dem Erich-Fried-Preis (2003) und dem Niederländischen Buchpreis (2003). Menasse wurde zum Ritter des französischen Ordens der Arts et Lettres ernannt (2006). 2010 wurde ihm das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien verliehen, 2012 erhielt Menasse den Österreichischen Kunstpreis, 2013 den Heinrich-Mann-Preis, 2014 den Max-Frisch-Preis der Stadt Zürich. Für Der Europäische Landbote wurde ihm 2015 der Prix du Livre Europeen überreicht.

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (September 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

Bestandsrecherche Robert Menasse in der Datenbank
"Verzeichnis der künstlerischen, wissenschaftlichen und kulturpolitischen Nachlässe in Österreich"