Foto von Ernst Jandl

Ernst Jandl, Schriftsteller und Übersetzer, geb. am 1. 8. 1925 in Wien, gest. am 9. 6. 2000 ebenda. Nach Abschluss des Gymnasiums wurde Jandl 1943 zum Kriegsdienst eingezogen und geriet 1945 in amerikanische Gefangenschaft in England. Hier lernte er die neuere amerikanische Literatur kennen, vor allem das Werk Gertrude Steins, was nachhaltigen Einfluss auf seinen künstlerischen Werdegang haben sollte. Zurückgekehrt nach Wien studierte er Germanistik und Anglistik und war bis 1979 als Gymnasiallehrer in Wien tätig. 1952 veröffentlichte Jandl erste Gedichte in der Zeitschrift "neue wege", 1956 erschien der erste Gedichtband Andere Augen. 1954 kam es bei den Innsbrucker Kulturwochen zur Begegnung mit Gerhard Rühm und mit Friederike Mayröcker, fortan Jandls literarische und private Lebensgefährtin. Aufgrund der eingeschränkten Publikationsmöglichkeiten für avancierte Literatur konnte sein bekanntester Gedichtband Laut und Luise erst 1966 erscheinen. Hier führt Jandl die Spielarten der experimentellen Literatur vor: das visuelle Gedicht, das Sprechgedicht, das Lautgedicht, Gedichte im Wiener Dialekt - viel später und auf ganz andere Art und Weise hat sich Jandl in den stanzen (1992) der Sprache seiner Kindheit wieder angenommen.
Der Wille zur Innovation betrifft nicht nur die Gedichtproduktion. Jandls Hörspiele aus den späten 1960er und den frühen 1970er Jahren etwa haben entscheidend zur "Hörrevolution" in jener Zeit beigetragen. Mit Fünf Mann Menschen (gemeinsam mit Friederike Mayröcker, 1968) und mit das röcheln der mona lisa (1972) war ein Maßstab gesetzt. Die formalen Möglichkeiten des Hörspiels waren damit entscheidend erweitert worden, ebenso wie jene des Theaters, hier wiederum mit Jandls einziger größerer szenischer Arbeit, dem konsequent in der dritten Person und im Konjunktiv geschriebenen Stück Aus der Fremde (1980). Bis hin zum Gedichtband Peter und die Kuh (1996) hat Jandl seine Art, Gedichte zu schreiben, ständig verändert. Als 1978 der Gedichtband die bearbeitung der mütze erscheint, hat der Autor eine neue Sprache gefunden: In stärkerem Maß bricht sich nun eine radikale Subjektivität Bahn. Sie findet ihren Ausdruck in einer "heruntergekommenen", "verhunzten" Infinitivsprache. Die Themen der Gedichte kreisen um Krankheit, Alter und Tod.

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (September 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

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