Anthony van Hoboken, Musikwissenschaftler und Sammler, geb. am 23. 3. 1887 in Rotterdam, gest. am 1. 11. 1983 in Zürich. Aus einer alteingesessenen und wohlhabenden Rotterdamer Kaufmanns-, Bankiers- und Reederfamilie stammend, studierte er von 1906 bis 1909 an der Technischen Hochschule in Delft Ingenieurwesen. Daneben wurde er von Anton B. H. Verhey in Klavierspiel und Komposition unterrichtet und wechselte 1909 an Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt am Main, wo er bei Bernhard Sekles Harmonielehre und bei Iwan Knorr Komposition studierte. Seine finanzielle Unabhängigkeit erlaubte es ihm ab 1917 eine Villa in München zu erbauen, die er zwei Jahre später bezog. Er bewegte sich in den Kreisen der Schwabinger Bohème, wo er verschiedene Künstler um sich scharte. Unter der Beratung durch den Komponisten Otto Vrieslander begann er ab 1919 eine Sammlung musikalischer Erst- und Frühdrucke sowie musiktheoretische Literatur von Bach bis Brahms anzulegen, die letztlich etwa 8000 Titel umfasste und somit die weltweit größte ihrer Art war. Ein besonderer Schwerpunkt ist der etwa 1000 Objekte umfassende Teil von Joseph Haydns Erst- und Frühdrucken. Damit einher ging die Erarbeitung des ersten umfassenden Verzeichnisses aller seiner, nach Gattungen geordneter, Kompositionen (Bd. 1-3: 1957, 1971, 1978). 1925 zog van Hoboken nach Wien, wo er beim Musiktheoretiker Heinrich Schenker Unterricht nahm und dessen Idee und die Finanzierung einer Sammlung fotographischer Reproduktionen von Autographen großer Komponisten übernahm. Zwei Jahre später wurde das heute ca. 60.000 Seiten umfassende „Archiv für Photogramme musikalischer Meister-Handschriften“ gegründet. 1938 übersiedelte die Familie in die neutrale Schweiz, wo sie zunächst bei Wilhelm Furtwängler in St. Moritz, von 1940 bis 1950 in Lausanne und ab 1951 dann in Ascona wohnte. 1971 folgte der Umzug nach Zürich.
Anthony van Hoboken erhielt eine Vielzahl an Ehrungen und Auszeichnungen und war Mitglied verschiedener Vereine, u. a. seit 1923 Ehrenmitgliedschaft im Münchner Bachverein, in der Gesellschaft der Musikfreunde Wien (1932) und in der Gesellschaft für Musikforschung (1954), Großes Silbernes Ehrenzeichen der Republik Österreich (1932). Er war Offizier des Ordens von Oranien-Nassau (1959) und erhielt Ehrendoktorate der Universitäten Kiel (1957), Utrecht (1958) und Mainz (1979).