Josef Haslinger, Schriftsteller, geb. am 5. 7. 1955 in Zwettl (Niederösterreich), lebt in Wien und Leipzig. An der Universität Wien studierte er Philosophie, Theaterwissenschaft und Germanistik. Das Studium schloss er 1980 mit einer Dissertation über Die Ästhetik des Novalis ab. Zu dieser Zeit erschien der erste selbständige Prosaband Der Konviktskaktus und andere Erzählungen (1980), der teilweise auf Haslingers Erfahrungen als Klosterschüler im Stift Zwettl rekurriert. Sozialkritische Bezüge zur Waldviertler Heimat stellt auch die Novelle Der Tod des Kleinhäuslers Ignaz Hajek (1985) her. Aus den 1980er Jahren stammt ebenfalls eine Arbeit für das Theater, die Revue Karfreitag, 1. Mai, Uraufführung 1988 in der Wiener "Kulisse".
Haslingers literarisches Werk zeichnet sich durch gesellschaftspolitisches Engagement aus, sei es in dem vielbeachteten Medienroman und Politthriller Opernball (1995; Verfilmung 1998), sei es in Essays wie den bissigen Österreich-Analysen Politik der Gefühle zur Zeit der sogenannten "Waldheim-Affäre" (1985) oder dem Anfang 2004 in der Berliner Zeitschrift "Literaturen" veröffentlichten Text Austrian Spirit. Wie schon vorhergehende Texte setzt sich der Roman Das Vaterspiel (2000; Verfilmung 2009) mit den Verbrechen der Nationalsozialisten auseinander und wirft zugleich ein streng prüfendes Licht auf die österreichische Sozialdemokratie der Gegenwart. Sein Roman "Jáchymov" (Frankfurt/M., 2011) beschäftigt sich mit der tschechoslowakischen Nachkriegsgeschichte rund um die Eishockey-Legende Bohumil Modry.
Daneben stellte der Autor nicht nur 'vergessene' Gedichte von Hugo Sonnenschein (1984) und die Österreich-Anthologie "Rotweißbuch" (1988) zusammen, sondern trat von 1976 bis 1992 auch als Mitherausgeber der Literaturzeitschrift "Wespennest" hervor, als Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung (1986-1989), Mitbegründer der Antirassismus-Initiative "SOS Mitmensch" (1992) und als Co-Organisator der "Wiener Vorlesungen zur Literatur" (1986-1994). 2003 war er der Eröffnungsredner der "Wiener Karl Kraus Vorlesungen zur Kulturkritik". Aus der Rede ging die Schrift Am Ende der Sprachkultur? Über das Schicksal von Schreiben, Sprechen und Lesen (2003) hervor.
International ist Haslinger seit Jahrzehnten als akademischer Lehrer tätig, seit 1989 an verschiedenen Orten in den von ihm kritisch beurteilten Vereinigten Staaten (Das Elend Amerikas, 1992) und seit 1996 als Professor für Literarische Ästhetik am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Haslingers öffentliche Anerkennung spiegelt sich unter anderem in der Verleihung des "Elias Canetti-Stipendiums" der Stadt Wien (1993/1994) und des "Ehrenpreises des Österreichischen Buchhandels" (2000). Anfang 2006 erschien der Erzählband Zugvögel.