Alfred Bittner, geb. am 19. 3. 1914 in Wien, gest. am 13. 6.1989 ebenda an den Folgen eines Schlaganfalls. Bittner war der uneheliche Sohn der Büroangestellten Helene Tutschek und Arthur Bittners, seines Zeichens Inhaber einer Farbenfabrik und Besitzer eines Bergwerks. Die Mutter, die als Parallelfrau des verheirateten Industriellen mit einer eigenen Wohnung versorgt wurde, erreichte später die Legitimierung Alfreds, heiratete aber den Geigenlehrer des Sohnes. Bittner legte 1933 auf dem Gymnasium Stubenbastei die Matura ab. Es folgten mehrere Semester auf der Universität: Eingeschrieben hatte sich Bittner zwar für Chemie, er besuchte aber viel lieber geisteswissenschaftliche Vorlesungen, so etwa jene des berühmten Kunsthistorikers Hans Tietze. Das Studium brachte Bittner nicht zu Ende, ohne Abschluss trat er in die Firma des mittlerweile verstorbenen Vaters ein. Die berufliche Karriere wurde abrupt durch die Einberufung in die Wehrmacht unterbrochen, die noch vor Kriegsausbruch erfolgte. Als Soldat war Bittner zuletzt an der Ostfront eingesetzt, wo er im Dezember 1941 einen Schultersteckschuss erhielt, der ihn frontuntauglich werden ließ. Einen Teil der Lazarettzeit verbrachte er anschließend in Lodz / Litzmannstadt, dem Standort des berüchtigten Ghettos, das mitten in der Stadt eingerichtet worden war. Von hier aus wurden Zehntausende ins Vernichtungslager Kulmhof deportiert – ein aufschlussreiches Detail mit Blick auf die stete Präsenz von NS-Gewaltverbrechen im Werk Bittners.
Nach 1945 war Bittner wieder im Familienbetrieb tätig, freilich ging die Firma 1955 in Konkurs. Dem Chemiefach freilich blieb er als Handlungsreisender mit chemischen Artikeln im Gepäck und später als technischer Direktor der Österreichischen Mineralölverwaltung (ÖMV) verpflichtet.
Obwohl Bittner früh seine künstlerische Ader entdeckte – er widmete sich nicht nur der Malerei, sondern schon als Jugendlicher auch der Photographie –, dauerte es bis zum 31. Lebensjahr, bis er sein erstes literarisches Werk zum Abschluss brachte. Zwar wurde sein Stück Der Raub der Europa 1953 von den Vereinigten Bühnen Graz angenommen, eine Aufführung jedoch kam nicht zustande. So fand das literarische Werk Bittners, das nach seiner Pensionierung im Jahre 1974 wuchs und wuchs, lange Jahre unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Seinen Erstling legte er mit 70 Jahren vor, freilich erschien sein Essay Der Sieg der Sachen in einer Auflage von lediglich 96 nummerierten Exemplaren bei der in Üchtelhausen nahe Schweinfurt beheimateten Harrisfeldwegpresse. Der bibliophile Band ist nahezu verschollen, in Österreich existiert kein Exemplar in öffentlichen Bibliotheken, in Deutschland gibt es immerhin drei Exemplare. Als sein eigentlicher Erstling muss also der 1987 auf den Markt gekommene Roman Der Schweinskopf oder Die Anfänge des Dehominisation (erschienen in der Edition S der Österreichischen Staatsdruckerei) gelten. Der Einstieg in den Plot legt nahe, warum der Roman in jüngster Zeit neue Aufmerksamkeit auf sich zog: „Ein Landespolitiker ist spät in der Nacht mit seinem Auto auf dem Weg von seinem Seitensprung nach Hause zu seiner Familie und dabei verunfallt er bei 140 km/h fürchterlich.“ Im Vergleich zum realen Fall überlebt dieser fiktive Politiker, aber auf seinem Hals sitzt nunmehr ein Schweinskopf, weil das menschliche Haupt durch schwere Verletzungen unbrauchbar geworden war. Die Transplantation fand in einem Schlachthof statt. Nach Erscheinen des Buchs erlebte Bittner so etwas wie Publizität als Autor, obwohl zu seinen Lebzeiten kein Text mehr als selbständige Publikation erscheinen konnte. Allerdings wurde seine Erzählung Homo superior vom Suhrkamp-Lektor Franz Rottensteiner in die Anthologie Arche Noah aufgenommen. Bittners Prosa konnte man auch in Extra der Wiener Zeitung finden. Dass die in Wien ansässige Zeitschrift Gegenwart 1989 seinen Roman Die Verlegenheitslösung zur Gänze abdruckte, erlebte dessen Autor schon nicht mehr.