Foto von Michael Scharang

Michael Scharang, Schriftsteller, geb. am 3. 2. 1941 in Kapfenberg (Steiermark). Scharang ging 1960 nach Wien, wo er an der Universität Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie inskribierte. Die frühen Wiener Jahre waren von intensivem Schreiben und Lesen gekennzeichnet. Seine ersten Veröffentlichungen erschienen u. a. in "Wort in der Zeit" und den "manuskripten". Ernst Jandl, neben Gerhard Fritsch eine wichtige Bezugsperson, förderte den jungen Schriftsteller. 1965 promovierte Scharang an der Universität Wien mit einer Arbeit zu Robert Musil (Robert Musil - Dramaturgie und Bühnengeschichte).
Ende der 1960er Jahre war Scharang maßgeblich in Diskussionen um die gesellschaftliche Funktion der Literatur involviert. Dabei stand er als "Realist" in Opposition zu Alfred Kolleritsch, Peter Handke und Klaus Hoffer, die für einen autonomen Kunstbegriff eintraten. 1971 war er maßgeblich an der Gründung des "Arbeitskreises österreichischer Literaturproduzenten" beteiligt. 1973 gehörte er dem ersten Vorstand der neu gegründeten "Grazer Autorenversammlung" (GAV) an.
Viele Jahre beschäftigte Scharang die Unterdrückung unterprivilegierter Schichten. Um die Mechanismen dieser Unterdrückung freizulegen, bediente er sich anfangs hauptsächlich einer radikalen Sprachkritik, wie sie etwa in Verfahren eines Verfahrens (1969) und Schluß mit dem Erzählen und andere Erzählungen (1970) sehr deutlich hervortritt. 1973 unternahm er einen 'Demokratisierungsversuch' der Literatur. Realistische Literatur sollte nicht mehr nur von "gelernten" Schriftstellern, sondern auch von den tatsächlich Betroffenen produziert werden. Mit den Romanen Charly Traktor (1973) und Der Sohn eines Landarbeiters (1976) änderte Scharang seine Strategie und schrieb nun in einer sehr reduzierten klaren Sprache, die dabei durchaus auch dem Idiom der Figuren angepasst war. Mit dem Erscheinen des Romans Auf nach Amerika (1992) wandte sich Scharang dem Mittelstand zu. Der bisher letzte Roman, der zweite Teil einer geplanten Amerika-Trilogie, erschien unter dem Titel Das Jüngste Gericht des Michelangelo Spatz (1998).
Neben Hör- und Fernsehspielen verfasste Scharang zahlreiche Essays und Aufsätze. Diese sind u. a. in den Bänden Die List der Kunst (1986) und Das Wunder Österreich oder Wie es in einem Land immer besser und dabei immer schlechter wird. Essays, Polemiken, Glossen (1989) versammelt.
Scharang erhielt u. a. den Förderungspreis des Wiener Kulturfonds (1965, 1976), das Canetti-Stipendium der Stadt Wien (1985) und den Würdigungspreis für Literatur (1996).

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (September 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

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