Foto von Alfred Kolleritsch

Alfred Kolleritsch, Herausgeber, Publizist und Schriftsteller, geb. am 16. 2. 1931 in Brunnsee (Steiermark), wuchs in der Umgebung des Schlosses Brunnsee auf. Die Mittelschule bzw. das Realgymnasium erlebte er während der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch in der Zweiten Republik als einen Ort der Unterdrückung jeglicher Individualität und Kreativität. Früh entwickelte sich sein Interesse für Literatur, das durch den Vater und dessen Bibliothek geweckt worden war. Erste Gedichte und Prosaversuche entstanden bereits 1948. Im selben Jahr machte er die Bekanntschaft des Wiener Philosophen Leo Gabriel, der ihm "Platons Lehre von der Wahrheit" von Martin Heidegger empfahl.
Im Herbst 1950 inskribierte Kolleritsch an der Karl-Franzens-Universität Graz für Philosophie, Germanistik und Englisch (nach drei Semestern wechselte er von Englisch zur Geschichte). 1955 legte Kolleritsch die Lehramtsprüfung für Geschichte und Philosophie ab und absolvierte ein Probejahr am Akademischen Gymnasium in Graz. Nach einem nur wenige Wochen dauernden Arbeitsverhältnis an der Bundeserziehungsanstalt Liebenau war er bis 1958 arbeitslos. Ab 1958/59 hatte er Anstellungen an verschiedenen Grazer Schulen, ehe er 1963/64 Lehrer am Akademischen Gymnasium in Graz wurde. 1964 promovierte er über Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit in der Philosophie Heideggers. Ab 1972 folgten regelmäßige Lehraufträge an der Universität in Graz.
1958 machte er die Bekanntschaft des Malers Günter Waldorf, der ihn für die Gründung der Grazer Künstlervereinigung "Forum Stadtpark" gewinnen konnte. Parallel dazu beteiligte sich Kolleritsch maßgeblich an der Entstehung der Zeitschrift "manuskripte", die am 4. 11. 1960 zum ersten Mal erschienen. Unter Kolleritschs Herausgeberschaft entwickelten sich die "manuskripte" zu einer der zentralen literarischen Publikationen für neuere österreichische Literatur. Zu den jüngeren Autorinnen und Autoren, die hier eine erste Möglichkeit zur Veröffentlichung fanden, zählen beispielsweise Wolfgang Bauer, Barbara Frischmuth, Michael Scharang, Gunter Falk und Peter Handke. Kolleritsch – von 1968 bis 1995 Präsident des "Forums Stadtpark" – gründete 1973 gemeinsam mit anderen österreichischen SchriftstellerInnen die Grazer Autorenversammlung. 1976 berief man ihn in das Direktorium des internationalen Kunstfestivals "steirischer herbst", 1980 wurde er korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, 1987 Jury-Mitglied des Petrarca-Preises.
Kolleritsch, der seit der ersten Ausgabe regelmäßig eigene Texte in den "manuskripten" veröffentlichte, brachte mit Die Pfirsichtöter. Seismographischer Roman (1972) erst relativ spät eine selbständige Buchveröffentlichung heraus. Weitere wichtige Werke sind u. a.: Die grüne Seite. Roman (1974); Von der schwarzen Kappe (1974); Einübung in das Vermeidbare. Gedichte (Salzburg 1978); Im Vorfeld der Augen. Gedichte (1982); Gespräche im Heilbad. Verstreutes, Gesammeltes (1985); Allemann. Roman (1989); Die Summe der Tage. Gedichte (2001); Befreiung des Empfindens. Gedichte (2004).
Er erhielt u. a. den Literaturpreis des Landes Steiermark (1976), den Petrarca-Preis (1978), den Georg-Trakl-Preis für das lyrische Gesamtwerk (1987) und den Österreichischen Staatspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Kulturpublizistik (1993).

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (September 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek

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