Elfriede Gerstl, Schriftstellerin, geb. am 16. 6. 1932 in Wien, gest. am 9. 4. 2009 ebenda. Gerstl, Tochter jüdischer Eltern, überlebte die nationalsozialistische Okkupation in einer Wiener Substandardwohnung und dann als "U-Boot". 1952 legte sie die Externistenmatura ab und begann ein Studium der Medizin und Psychologie an der Universität Wien. Sie fand Zugang zu Hermann Hakels "Arbeitsgruppe für junge Autoren", wo sie u. a. mit Walter Buchebner und Friedrich Polakovics, der 1955 ihre ersten Gedichte in der Zeitschrift "Neue Wege" abdruckte, bekannt wurde. 1958 lernte sie ihren späteren Ehemann, den Lyriker Gerald Bisinger kennen, besuchte Happenings der "Wiener Gruppe" und war freie Mitarbeiterin der "Arbeiter-Zeitung". 1962 erschien im Kulturamt der Stadt Linz der Gedichtband Gesellschaftsspiele mit mir. Ab 1963 lebte Gerstl in Berlin, war 1964 Gast des "Literarischen Colloquiums Berlin" und kehrte 1971/1972 nach Wien zurück. Gerstls lose Verbindung zu der von Michael Scharang gegründeten Gruppe "Literaturproduzenten" führte zur Freundschaft mit dem Schriftsteller Herbert J. Wimmer. Bis in die 1980er Jahre war Gerstls Wohnsituation miserabel, sie hielt sich in den Wiener Innenstadtcafés, wie dem Café Bräunerhof, Café Museum oder dem Hawelka auf. Sie schrieb für die "edition neue texte" sowie für die Literaturzeitschriften "Akzente", "Freibord" und "Wespennest". 1973 gehörte Gerstl zu den Gründungsmitgliedern der "Grazer Autorenversammlung", aus der sie 1992 austrat. 1999 wurde ihr späte Anerkennung für ihr literarisches Werk mit der Verleihung des Georg-Trakl-Preises und des Erich-Fried-Preises zuteil.
Gerstl veröffentlichte Essays, Prosastücke und Gedichte. Zu ihren Werken zählen u. a. das Hörspiel Berechtigte Fragen (1973), Spielräume (1977), Wiener Mischung (1989), Ablagerungen (1989), Kleiderflug (1995), Neue Wiener Mischung (2001) und Lebenszeichen. Gedichte. Träume. Denkkrümel (2009).
Gerstl erhielt den Förderungspreis der Stadt Wien (1978), den Würdigungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst (1985), den Preis der Stadt Wien (1990) und den Heimrad-Bäcker-Preis (2007).

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (August 2009)     Text drucken

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