Foto von Hermann Broch

Hermann Broch, Schriftsteller, geb. am 1. 11. 1886 in Wien, gest. am 30. 5. 1951 in New Haven (USA). Broch war zunächst Textilingenieur und ab 1907 Assistenzdirektor in der Firma seines Vaters in Teesdorf (Niederösterreich), wo er bis 1927 arbeitete. Er publizierte bereits 1913 kulturkritische Essays und sein erstes Gedicht Mathematisches Mysterium in der Zeitschrift "Brenner". Im Ersten Weltkrieg leitete er ein Rotes-Kreuz-Lazarett, verkehrte mit Schriftstellern wie Alfred Polgar und Robert Musil in den Wiener Literatencafés und gehörte auch dem Kreis um Franz Blei an, in dessen Zeitschrift "Summa" er u.a. die Methodologische Novelle (1917) publizierte. Von 1925 bis 1928 studierte er Mathematik, Philosophie und Psychologie an der Universität Wien und wurde vom Wiener Kreis um Moritz Schlick und Rudolf Carnap angeregt. 1927 verkaufte Broch die Spinnfabrik seines Vaters und wandte sich ganz der Literatur zu. Er bemühte sich, in sein Werk neue Stilelemente durch die Mittel der Reflexion wissenschaftlicher Erkenntnisse oder Träume einzuführen. Im Rahmen der literarischen Moderne orientierte sich Broch u.a. an James Joyce, John Dos Passos, André Gide und Alfred Döblin.
Seine Theorie vom bürgerlichen "Zerfall der Werte" verarbeitete Broch in der Romantrilogie Die Schlafwandler, die er zwischen 1928 und 1932 verfasste. Zwischen 1934 und 1936 schrieb er an dem Roman Die Verzauberung, den er immer wieder überarbeitete.
1937 begann Broch mit der ersten Fassung von Der Tod des Vergil, wurde im März 1938 nach dem "Anschluss" Österreichs von den Nationalsozialisten verhaftet, konnte jedoch mit der Hilfe von James Joyce, Thomas Mann und Albert Einstein in die USA fliehen, wo er als Dozent an der Princeton University und an der Yale University unterrichtete. Broch nahm seine Studien zum Phänomen der Massen wieder auf, welche er bereits 1918 mit dem offenen Brief Die Straße begonnen hatte. Die postum erschienene Massenpsychologie (1959) entstand zwischen 1939 und 1943.
1942 erhielt Broch für die vierte Fassung seines Romans Der Tod des Vergil den Preis der American Academy of Art and Letters in New York. 1949 zog er nach New Haven, wo er 1950 zum Lektor an der Yale University ernannt wurde.

Text: Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (November 2008)     Text drucken
Foto: © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

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